Otto Grünmandl

* 4. Mai 1924 in Hall (Tirol), † 3. März 2000 in Hall (Tirol)

Schriftsteller, Kabarettist, Schauspieler, Komiker

 

„Als Grünmandl die ersten Wien-Gastspiele absolvierte, schickten sich Lukas Resetarits und Keif gerade erst an, das Kabarett neu zu erfinden und in jenes moderne, sich selbst stets von neuem übertreffende Volkstheater umzuwandeln, als das es jetzt dasteht.“ (Christian Seiler, Lob der Geschwätzigkeit. profil, 03.03.1997)

Otto Grünmandl wurde am 4. Mai 1924 in Hall geboren, verbrachte dort seine Kindheit und besuchte Schulen – bis 1938. „Es war ein böses Jahr, und die Jahre, die ihm folgten, waren noch schlimmer.“ (Grünmandl, Meinungsforschung im Gebirge. Wien 1973, S. 4).

Grünmandl galt im NS-Regime als „Mischling ersten Grades“. Sein Vater ist laut „Nürnberger Rassengesetze“ Volljude und wird als solcher interniert. Die älteste Schwester kann noch rechtzeitig nach England fliehen, doch der Kriegsbeginn verhindert die Nachholung der anderen Geschwister.  Otto Grünmandl wird 1944 inhaftiert und als Zwangsarbeiter in ein Braunkohlenlager nach Thüringen verbracht.
Nach Kriegsende versuchte die Familie ihr „arisiertes“ Unternehmen zurückzubekommen, was schließlich 1948 auch gelang.

Bis 1965 arbeitete Grünmandl im familiären Geschäft als Textilkaufmann, betätigte sich aber lieber als Schriftsteller. Bevor er sich dem Kabarett und der Kleinkunst zuwandte, war Grünmandl hauptsächlich als Funkautor (Hörspiele, Prosa) bekannt. 1970 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für Hörspiele.

Mit seinen „Alpenländischen Interviews“ (1970 im ORF-Radiosender Ö3) wurde er rasch einer großen Hörerschaft bekannt. Diese „Alpenländischen Interviews“, die er zusammen mit Theo Peer gestaltete, kamen auch zur öffentlichen Aufführung und wurden vom ORF-Fernsehen ausgestrahlt. Zudem war Grünmandl zwischen 1972 und 1981 Leiter der Sparte Unterhaltung des ORF-Landesstudios Tirol.

1975 schließlich trat er im Rahmen des „steirischen herbst“ erstmals mit einem Kabarettprogramm, das er „Der Einmannstammtisch“ betitelte, auf.  Es verstörte manche Kritiker/in mit seinen skurrilen Absurditäten, begeisterte aber auch. Einen „ Ionesco des Kabaretts“ nannte ihn die „Kleine Zeitung“ (24.10.1975) gar.

Für das nächste Kabarettprogramm „Ich heiße nicht Oblomow“ erhielt er 1978 den Deutschen Kleinkunstpreis. Weitere Programme folgten: „Ich bin ein wilder Papagei“ (1981), „Ich komme aus der Wirtschaft“ (1984), „Ein Fußbad im schwarzen Meer“ (1985), „Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn’ ich mich aus“ (1987), „Ich bin der Kaiser Nero“ (1990), „Kreisverkehr“ (1992) und „The mountain singers“ (1997) – eine Koproduktion mit der Gruppe Akkosax. Bei dieser Produktion führt Grünmandls Sohn Florian Regie.

Grünmandl trat überwiegend in Österreich und Bayern auf, als Kabarettist, in Fernseh- und Radiosendungen sowie an Theatern. Seit 1983 hatte er einen Gastvertrag bei den Münchner Kammerspielen, wo er etwa in „München leuchtet“, „Diri-Dari“ oder „Tschurangrati“ von Gerhard Polt und Christian Müller neben Gisela Schneeberger, Dieter Hildebrandt oder der „Biermösl Blosn“ mitwirkte. Dort gab er im Dezember 1988 auch den Wirt im Stück „Der Theatermacher“ von Thomas Bernhard.

Daneben schrieb er Romane, Gedichte, Satiren, Theaterstücke (u. a. „Tirili“, eine Posse mit Gesang, geschrieben und dargestellt von Grünmandl und Georg Kreisler mit Ensemble, 1993), Drehbücher und Beiträge für Fernsehsendungen sowie Kolumnen.
1992 erhielt er für sein Lebenswerk den Deutschen Kleinkunst-Ehrenpreis.

1996 gründete Grünmandl in seinem Heimatort Hall in Tirol ein Zimmertheater, wo er an jedem Wochenende eines seiner Kabarettprogramme spielte.

Am 3. März 2000 verstarb Grünmandl in seiner Geburtsstadt. Sein Freund Gerhard Polt erinnert sich an Grünmandls Abschied vom Leben: „Woasch Gerhard, i stirb jetz amal derweil, und dann schau ma weiter!“

Der umfangreiche Nachlass ist in 56 Kassetten im Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck fein geordnet untergebracht. Dieses, respektive Maria Piok und Ulrike Tanzer, geben auch die in fünf Bänden geplante Werkausgabe heraus.

2004 wurde er posthum mit einem Stern der Satire am „Walk of Fame“ des Kabaretts in Mainz ausgezeichnet und Andreas Vitásek ehrte Otto Grünmandl mit dem Stück „Grünmandl oder das Verschwinden des Komikers“, dessen Premiere 2016 stattfand.

 

Quellen:

Iris Fink, „und das Lachen höret nimmer auf“. Von politischer Kleinkunst zum Kabarettboom
Kleinkunst in Österreich 1970 bis 2000 (= Kulturgeschichte des österreichischen Kabaretts, Bd. 3). Österr. Kabarettarchiv, Graz 2022, S. 105, 149, 151–153, 155–158, 195, 198, 203, 209, 212, 216, 218, 221, 256, 260, 304, 314, 342, 354, 357, 376, 399–401, 409, 429, 432.

Verena Sauermann, Alfred Grünmandl. Ein jüdischer Migrant in Tirol, https://diglib.uibk.ac.at/download/pdf/1679183?name=Sauermann%20Verena%20Alfred%20Gr%C3%BCnmandl%20Ein%20j%C3%BCdischer%20Migrant%20in%20Tirol [abgerufen 02.02.2022].

Gerhard Polt, Für Otto. In: Maria Piok/Ulrike Tanzer (Hg.), Otto Grünmandl, Ein Gefangener (= Werkausgabe, Bd. 1: Kurzprosa und Gedichte). Innsbruck-Wien 2019, S. 5.

Nachlass Otto Grünmandl: https://www.uibk.ac.at/de/brenner-archiv/bestaende/gruenmandl/.

Autor/innen:

Iris Fink

Letzte inhaltliche Änderung:

03.05.2024