Karikatur: Carl Hollitzer; Slg. Österreichisches Kabarettarchiv

Egon Friedell

(Egon Friedmann)

* 21. Jänner 1878 in Wien, † 16. März 1938 in Wien (Selbstmord)

Schriftsteller, Kulturhistoriker, Schauspieler, Kabarettist
 

Egon Friedell wurde als drittes Kind des jüdischen Tuchfabrikanten Moriz Friedmann und dessen Ehefrau Caroline (geb. Eisenberger) geboren. 1887 wurde die Ehe der Eltern gelöst, die Mutter verließ die Familie. Der Vater verstarb 1891, und Friedell kam zu einer Tante nach Frankfurt, wo er bald vom Unterricht wegen ungebührlichen Benehmens ausgeschlossen wurde. Daraufhin besucht er in Deutschland wie auch in Österreich mehrere Gymnasien.

1897 konvertiert er zum Augsburger Bekenntnis. Im selben Jahr immatrikuliert er sich als Gasthörer an der Berliner Universität und versucht die Matura (Abitur) zu machen, was ihm jedoch erst 1899 im vierten Anlauf gelingt. Daraufhin immatrikuliert er sich an den Universitäten in Heidelberg und Wien. Ab 1900 studiert er neun Semester Philosophie in Wien und promoviert mit einer Dissertation über „Novalis als Philosoph“; diese wird auch gedruckt und erscheint unter dem Namen Friedell. Die amtliche Namensänderung erfolgte jedoch erst 1916.

Friedell schreibt Feuilletons, Theaterkritiken, Beiträge u. a. für die „Fackel“ von Karl Kraus, die Berliner „Schaubühne“ von Siegfried Jacobsohn und verschiedene Zeitungen.

Als Kabarettist und Conférencier ist er ab 1906 tätig. Zuerst im Cabaret „Nachtlicht“, später in der „Hölle“ (Kelleretablissement unter dem „Theater an der Wien“) und im Theater und Kabarett „Fledermaus“, wo er als Texter und Darsteller sowie als künstlerischer Leiter (1908/1909) agiert. Er bringt immer wieder auch Texte von Peter Altenberg, mit dem er befreundet ist.
Für die „Fledermaus“ verfasst er u. a. zusammen mit Alfred Polgar „Goethe“, eine Parodie auf den Literaturunterricht in Schulen, wobei er Goethe auch selbst darstellt, „Der Petroleumkönig oder Donauwalzer“ (Musteroperette) oder „Soldatenleben im Frieden“ (Groteske).
Gelegentlich trat er auch nach seinem Abgang als Leiter in der „Fledermaus“ auf, ebenso in der „Hölle“ und im „Simplicissimus“ („Simp“).

Als Schauspieler steht er zum ersten Mal in der Privataufführung „Die Büchse der Pandora“ (von Frank Wedekind), veranstaltet von Karl Kraus 1905, auf der Bühne. Zwischen 1924 und 1929 ist er Ensemblemitglied von Max Reinhardts „Theater in der Josefstadt“.
In dieser Zeit entsteht auch seine „Kulturgeschichte der Neuzeit“ (1927 – 1931 veröffentlicht), die ihn international bekannt macht.
Später (1936) werden die „Kulturgeschichte des Altertums“ und posthum das Fragment „Kulturgeschichte Griechenlands“ herausgegeben.

Am 16. März 1938 nimmt er sich aus Angst vor einer Verhaftung durch die SA durch einen Sprung aus dem Fenster seiner Wohnung in der Gentzgasse im dritten Stock das Leben.

2013 widmete das Österreichische Kabarettarchiv Egon Friedell eine Ausstellung samt Begleitpublikation unter dem Titel „Mit Goethe im Nacht-Cabaret. Egon Friedell zwischen Kleinkunst und Kulturgeschichte“.