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Gal(l)eristen – Kabarett in der Galerie Moser
Kabarett-Ensemble, Graz, 1978 – 2002
„Begonnen hat alles einmal im Schloß Schielleiten mit dem ‚Kabarock‘, und die Idee zum barocken Kabarett kam von Gerda Klimek“. Das schrieb der Prinzipal der Gal(l)eristen Ewald Autengruber in der Jubiläumsbroschüre „10 Jahre Die Gal(l)eristen“.
Im März 1977 fand auf erwähntem Schloss Schielleiten in der Oststeiermark die Premiere des Programms „Kabarock“ in barocker Kostümierung statt, das als Vorläufer der „Gal(l)eristen“ gilt. Das Ensemble bestand aus prominenten Grazer Künstler/innen: Texter waren der Schauspieler, Regisseur, Dramaturg, Kabarettist und Journalist Ewald Autengruber, der Journalist, Schriftsteller und Komponist Bernd Schmidt und die Schauspielerin, Autorin und Komponistin Gerda Klimek, die neben Autengruber, Sepp Trummer, Brigitte Slezak, Daniel Reinhard und Peter Uray auch als Darstellerin agierte. Für die Musik zeichnete Viktor Fortin verantwortlich; später wird auch Klimek Kompositionen beisteuern.
Nach einem erfolgreichen Debüt erfolgte 1978 der Umzug nach Graz in die der stadtbekannten Buchhandlung Moser angeschlossene Galerie Moser – unter Hilfestellung des Verlagshauses Styria. Von nun an nannte sich die Gruppe dem Standort entsprechend „Gal(l)eristen“ und wurde für viele Jahre ein Fixpunkt in der steirischen Kabarettszene.
Zu den schon genannten Protagonist/innen kam über die Jahre wechselndes Personal, so u.a. Franz Friedrich, Brigitte Slezak, Helga Schöller, Ernst Prassel oder Gerhard Swoboda als Darsteller/innen; am Piano begleiteten Gottfried Wurzwallner, Wim van Zutphen oder Karlheinz Donauer.
Neben heimischen Politikern und Skandalen – Prassel und Autengruber spielten einen jeweils aktuellen Doppelconférence-Sketch als Plakatierer – behandelten die Gal(l)eristen Themen der 1980er- und 1990er-Jahre wie Umwelt, Ausländerfeindlichkeit, Kirche oder Esoterik. Die Spielform war ein klassisches Nummernkabarett mit Live-Klavierbegleitung. Leitete anfangs ein Conferéncier durch das Programm, wurde dieser später durch flüssige Übergänge zwischen den einzelnen Szenen ersetzt.
Die (teils halb-) jährlichen Programme etablierten sich zu einem Fixpunkt der Grazer Szene und wurden auch von vielen hochrangigen steirischen Politiker/innen besucht. Journalist Kurt Wimmer formulierte dies folgendermaßen: „Wenn unsere Politiker aus Stadt und Land einmal etwas zum Lachen haben wollen, dann treibt es sie ins ‚Kabarett in der Galerie Moser‘. Dort unterhalten sie sich köstlich über sich.“ (Kleine Zeitung, 17.12.1991)
Nach dem Ausscheiden des Ehepaares Trummer-Klimek – Gerda nannte „Abnützungserscheinungen“ und „Unstimmigkeiten“ als Gründe – hieß die Gruppe ab 1987 „Kabarett in der Galerie Moser“ und formierte sich unter Ewald Autengruber neu. Als Texter, Komponist und Pianist kam Dieter Gogg, als Darsteller stießen Uschi Plautz und Norman Hacker dazu.
Nach dem Tod von Dieter Gogg im Jahr 2000 wollte das Ensemble aufhören, ehe zwei Jahre später unter dem Titel „Lachen Sie wieder!“ ein Abschlussprogramm in der Besetzung Franz Friedrich, Plautz, Autengruber, Prassel dargeboten wurde – Georg Schulz begleitete die Darsteller/innen dabei mit musikalischen Beiträgen des verstorbenen Gogg. Zudem musste man umbaubedingt in den letzten Jahren des Bestehens der Gruppe in andere Spielstätten, so z. B. das Schauspielhaus, wechseln.
Programme:
Kein schöner Schand in dieser Zeit (1978)
Das Ganze von vorn (1979)
Schmieren ist menschlich (1981)
Saldo morale (1981)
Bette sich, wer kann (1982)
Frohkost (Sommerprogramm, 1983)
Profit 1983 (1983)
Volle Kraft zurück (1984)
Wedel sei der Mensch (1984)
G’schichten aus dem Hinterhalt (1985)
Hieb & Stich Worte (1986)
Durch Steiermark & Pein (1986)
Auf Sterz und Nieren (1987)
Vielgetrübtes Österreich (1988)
Die große Sumpfonie (1989)
Wähl den, der lügt (1990)
Land der Zwerge (1991)
Profit, mach mit! (1992)
Länge mal Pleite (1993)
Spende gut – alles gut (1994)
Mit herzlichen Schüssen (1995)
Steuer am Dach (1996)
Kassieren geht über Regieren (1997)
Alles beim Neuen (1998, Schauspielhaus)
Gene nutzen nicht vergessen! (1999, Schauspielhaus)
Lachen Sie wieder! (2002, Merkursaal, Kaiserfeldgasse/Neutorgasse)
Quellen:
Iris Fink: Von Travnicek bis Hinterholz 8. Kabarett in Österreich ab 1945. Von A bis Zugabe, Graz 2000, S. 55-56.
Iris Fink: „… und das Lachen höret nimmer auf“. Kleinkunst in Österreich 1970 bis 2000., Graz 2022, S. 234-235.
Iris Fink: „Made in Styria“. Kabarett in und aus Graz – Eine Bestandsaufnahme, in: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz, Bd. 42, Graz 2012, S. 555–582, hier: S. 569–570.
Iris Fink: Vom „Igel“ zum „Kleinkunstvogel“. Kabarett in der Steiermark von 1945 bis in die Gegenwart, in: politicum – Josef Krainer Haus Schriften Nr. 88, 2000. Jg., S. 3–9, hier: S. 6.
Gerda Klimek: So ein Theater. Geschichten aus dem Grazer Theaterleben, Oper, Schauspiel, Kabarett und Funk, Graz 1989, S. 110–115.
Michaela Sattler: Kabarett in Graz ab 1945. Unter besonderer Berücksichtigung des Zeitraums 1980–2003. Diplomarbeit, Graz 2003, S. 31–33.
eigene Recherchen [unveröffentlichte Gespräche mit Zeitzeug/innen; Programmhefte; Medienberichte]
Autor/innen:
Thomas Stoppacher/Iris Fink
Letzte inhaltliche Änderung:
02.08.2023