Foto: Die Bühne, 1925, Heft 9, S. 15. Quelle: ANNO/Österreichische Nationalbibliothek

Ralph Benatzky

5. Juni 1884 in Mährisch Budwitz, † 16. Oktober 1957 in Zürich

Komponist, Pianist, Textdichter, Kabarettist, Schriftsteller


Rudolf Josef Franz Benatzky wird in Mährisch Budwitz (k.u.k. Monarchie, heute Tschechien) geboren. Früh macht sich sein musikalisches wie poetisches Talent bemerkbar. Vorerst schlägt er jedoch die Militärlaufbahn ein, ab 1899 besucht er in Wien die Kadettenschule. Zehn Jahre später wird er, nach langer Krankheit, aus der Armee entlassen. Er studiert Musik und Germanistik (Dr. phil. 1910, Dissertation über die Dichterin Rosa Maria Assing).

Während des Studiums startet er erste künstlerische Versuche und nennt sich von nun an Ralph. Neben Teilnahmen an Lyrikwettbewerben stellt er ab 1908 im Kabarett „Hölle“ seine ersten Chansons vor.
Bei gemeinsamen Arbeiten in München lernt Benatzy die Diseuse Fédi Férand (Eugenie Decloux) kennen, die beiden heiraten 1909. Über seine Frau lernt er auch Heinrich Mann kennen, der ihn zur Vertonung seines Einakters „Varieté“ anregt. In der bayerischen Metropole wird Benatzky zudem 1910 musikalischer Leiter des Kleinen Theaters, wenig später leitet er das Kabarett „Bonbonniére“ und im Drei-Masken-Verlag erscheinen in der Reihe „Die elfte Muse. Eine Sammlung moderner Cabaret-Lieder“ seine Chansons. Weitere illustrierte Chansonsammlungen in anderen Verlagen folgen in den 1920er-Jahren, wie Alt-Wiener Guckkasten-Bilder“ (1920), „Ballades d’amour“ (1921), „Eine Teestunde bei Ralph Benatzky und Josma Selim. Zehn ausgewählte Chansons mit Confèrencen“ (1924) oder die „Alt-Wiener Dosenstücke“ (1928).

1914, nach der Scheidung von Fédi Férard, heiratet er die Diseuse Josma Selim. Ab nun folgen nur noch gemeinsame Auftritte – und zwar europaweit –, die Selim stets einleitet mit: „Musik und Worte wie bei allen meinen Liedern von Doktor Ralph Benatzky. Am Flügel der Komponist.“
Im ersten Kriegsjahr wird Benatzky in Wien Co-Direktor der „Bunten Bühne Rideamus“ und schreibt voll Kriegsbegeisterung zusammen mit Fritz Grünbaum die Operette „Anno 14“. Das daraus stammende „Draußen in Schönbrunn“ bringen die beiden Künstler sogar seiner Majestät Franz Joseph in einer Audienz dar. Mit Grünbaum und Karl Farkas bringt er später, 1926, u.a. die Revue „Wien lacht wieder“ heraus.

1916 gelingt Benatzky mit „Liebe im Schnee“ im Wiener Ronacher auch der Durchbruch als Operettenkomponist. Nach dem Krieg folgen die Operette „Die tanzende Maske“ (1918) im Apollotheater, sowie des Singspiels „Die Verliebten“ (1919) im Raimundtheater.

Der Mittelpunkt seines Schaffens bleibt aber die gemeinsame Arbeit mit Josma Selim. Nach vielen Jahren des Erfolges wird es Mitte der 1920er-Jahre aufgrund der wirtschaftlichen Krisen und Stimmband-Problemen von Selim zunehmend schwieriger, Säle zu füllen. 1927 übersiedelt das Paar von Wien nach Berlin, wo man sich bessere Arbeitsmöglichkeiten erhofft. 1929 stirbt Josma Selim und Benatzky heiratet schon bald erneut, diesmal die Staatsopern-Tänzerin Mela „Kirschi“ Hoffmann.

Auch beruflich findet Benatzky in Berlin einen neuen Partner – den Regisseur Erik Charell. Er liefert für ihn u.a. die Musik für die Revuen „Für Dich!“ (1925), „Casanova“ (1928) oder „Die drei Musketiere“ (1929). 1930 komponiert Benatzky wiederum für Charell die Musik zum Singspiel „Im weißen Rössl“ (Text: Benatzky, Hans Müller, Charell; Liedtexte: Robert Gilbert), das im Großen Schauspielhaus uraufgeführt und rasch zum Welterfolg wird. Benatzky verfasst daneben auch für andere Bühnen musikalische Lustspiele, wie z.B. bei „Meine Schwester und ich“ (1930, Komödienhaus, Berlin), dessen Premiere mit Film- und Kabarettstars besetzt wird.

1932 übersiedelt Benatzky wiederum, diesmal nach Thun in die Schweiz. Die politischen Unruhen, der Aufstieg der Nationalsozialisten und die damit verbundene Unsicherheit für seine jüdische Frau, veranlassen ihn dazu; beruflich ist er nun haupsächlich in Wien tätig. Dort feiert er Erfolge mit „Bezauberndes Fräulein“ (1933) oder „Das kleine Café“ (1934), für die er Libretto und Musik verfasst. 1936 feiert mit „Axel an der Himmelstür“ (Libretto: Paul Morgan, Adolf Schütz; Gesangstexte: Hans Weigel; Musik: Benatzky) Zarah Leander ihren Durchbruch in Wien.

Nach dem „Anschluss“ scheitert ein Engagement in den USA – trotz eines 1937 geschlossenen Vertrages mit Metro-Goldwyn-Mayer. Erst 1940 führt ihn sein Weg dann für längere Zeit nach New York. Doch so richtig heimisch fühlt er sich in Amerika nicht, sein Werk stößt beim dortigen Publikum auf kein großes Interesse. So bleiben österreichische Kabarettabende („Austrian Cavalcade“, 1942/1943, u.a. mit Armin Berg und Karl Farkas), Radiosendungen und nach Kriegsende Benefizveranstaltungen für Wiener Kinder die raren Höhepunkte im Exil.

1946 kehrt Benatzky als US-amerikanischer Staatsbürger enttäuscht von den beruflichen Misserfolgen nach Europa zurück und lebt wieder in der Schweiz. Die Liedsammlung „Heitere Kulturgeschichte“ (1947) und der teils autobiographische Roman „In Dur und Moll“ (1953) sind seine letzten Veröffentlichungen. Benatzky wird zunehmend depressiv, seine Tagebuch-Einträge dokumentieren vom Ende seiner Zeit in Berlin an überwiegend Einsamkeit in der Emigration, Verlorenheit und Wehmut. Vorwürfe, er komponiere und schreibe „leichte“ Schlager und seine Unterhaltungsmusik habe keine hohen Qualitätsansprüche, kränken ihn sehr.

1957 stirbt er in Zürich, begraben wird er in St. Wolfgang, wo er seit 1950 Ehrenbürger ist – das Lied vom „Weißen Rößl am Wolfgangsee“ begleitet seinen letzten Weg als Trauermarsch.

Neben Auszeichnungen zu Lebzeiten, wie das Silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich, 1933, erinnern heute Straßen in Wien, St. Wolfgang und Hamburg an Benatzky.
Sein Nachlass – Benatzkys Werk umfasst mehr als 2000 Chansons, über 50 Bühnenwerke, dazu Kompositionen von Filmmusiken und Einzelschlager sowie Romane, Feuilletons, Gedichte und Tagebuchbände – wird im Archiv der Akademie der Künste in Berlin verwahrt.

 

Quellen

Fritz Hennenberg: Es muß was Wunderbares sein … - Ralph Benatzky. Zwischem „Weißem Rößl“ und Hollywood, Wien 1998.

Inge Jens, Christiane Niklew: Ralph Benatzky. Triumph und Tristesse. Aus den Tagebüchern von 1919 bis 1946, Berlin 2002.

Ralph Benatzky: In Dur und Moll. Roman eines Menschen und einer Zeit, Wiesbaden 1953.

Hans Veigl, Iris Fink (Hg.): Verbannt, verbrannt, vergessen und verkannt. Kurzbiographien zum Thema Verfolgung und Vertreibung österreichischer Kabarett- und Kleinbühnenkünstler 1933-1945, Graz 2012.

Iris Fink, Roland Knie: Überlandpartie.! Kabarett auf Sommerfrische. Wien 2018.

Christiane Niklew: Ralph Benatzky, in: Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit, Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hg.), Hamburg: Universität Hamburg, 2006 https://www.lexm.uni-hamburg.de/object/lexm_lexmperson_00001181 (abgerufen am 06.12.2023)

Wikipedia – die freie Enzyklopädie: Ralph Benatzky, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Ralph_Benatzky (abgerufen am 17.08.2023).

Operetten-Lexikon: Ralph Benatzky (1884-1957), in: https://www.operetten-lexikon.info/?menu=13 (abgerufen am 05.09.2023).

Österreichisches Biographisches Lexikon: Benatzky, Ralph, in: https://apis.acdh.oeaw.ac.at/person/89010 (abgerufen am 05.09.2023).

Wien Geschichte Wiki: Ralph Benatzky, in: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Ralph_Benatzky (abgerufen am 05.09.2023).

Autor/innen:

Thomas Stoppacher/Iris Fink

Letzte inhaltliche Änderung:

04.01.2024