Peter Altenberg
(Richard Engländer)
* 9. März 1859 in Wien, † 8. Jänner 1919 in Wien
Schriftsteller
Richard Engländer war der älteste Sohn einer wohlhabenden jüdischen Wiener Kaufmannsfamilie. 1900 trat er aus der israelitischen Religionsgemeinschaft aus und ließ sich 1910 taufen (sein Taufpate war der Architekt Adolf Loos).
Nach dem Besuch des Gymnasiums und erfolgreich absolvierter Matura (im zweiten Anlauf) inskribierte er 1877 an der Universität Wien Jus und anschließend Medizin. 1880 begann er eine Buchhändlerlehre in Stuttgart, um 1881 wiederum seine Studien an den Universitäten Graz und Wien aufzunehmen. 1883 brach er seine Studien erneut ab; ein Arzt stellte eine „Überempfindlichkeit des Nervensystems“ fest. Daraus ergab sich eine konstitutionelle Unfähigkeit zur Ausübung eines Berufes, sprich: zum Broterwerb. Schmerzen und Depressionen begleiteten Altenberg ein Leben lang ebenso wie Sanatorienaufenthalte und Alkohol- und Tablettenabhängigkeit. Regelmäßige Sommeraufenthalte (Sommerfrischen) in Reichenau, später im Salzkammergut oder am Lido in Venedig helfen ebenso wenig wie die von Altenberg propagierte naturnahe Lebensweise.
Altenberg lebte fortan als Bohemien und Kaffeehausliterat. Um 1892 begann er seine schriftstellerische Tätigkeit; ab nun wohnt er auch nicht mehr mit seiner Familie zusammen, sondern meist in gemieteten Hotelzimmern der Wiener Innenstadt (das bekannteste Altenberg-Domizil ist wohl das Graben-Hotel in der Dorotheergasse, das er ab 1913 bis zu seinem Tod 1919 bewohnte). Der exzessive Verehrer von jungen Frauen und Mädchen stattete seinen Wohnraum mit Fotografien und Bildern aus, beschriftet diese mit Kommentaren und Aphorismen.
1893 nannte er sich erstmals Peter Altenberg. Sein Künstlername geht auf die Freundschaft mit der Familie Lercher (in Wien bzw. Altenberg an der Donau) zurück, die bereits 1876 begann.
Altenbergs Werk setzt sich aus kleinen Prosastücken, Aphorismen, Betrachtungen (der Gesellschaft und seines Umfeldes), literarischen Skizzen und auch Texten für das Kabarett zusammen. 1906 verfasste er Texte für das neu gegründete „Cabaret Nachtlicht“ und auch gleich eine Kritik über das „Nachtlicht“ für die „Wiener Allgemeine Zeitung“. 1907 schrieb er für die Eröffnungsvorstellung des Theaters und Kabaretts „Fledermaus“ einige Szenen sowie den Eröffnungsvortrag für Lina Vetter-Loos. Aber auch Egon Friedell brachte immer wieder Texte von und über seinen Freund Peter Altenberg; Alban Berg oder Hanns Eisler vertonten Altenberg-Texte.
Peter Altenberg veröffentlichte 1896 sein erstes Buch mit dem Titel „Wie ich es sehe“. Damit legte er den Grundstein für seinen schriftstellerischen Erfolg. Bis zu seinem Tod wird er zehn weitere Bücher publizieren, ohne davon sein Leben bestreiten zu können. Das Familienvermögen schwindet indes zusehends, vor allem nach dem Ende der väterlichen Firma, die sein Bruder Georg leitete. 1904 fiel die familiäre Existenzsicherung weg und Altenberg sah sich gezwungen, Freunde und Bekannte um regelmäßige Geldzuwendungen zu bitten (anzuschnorren), lebte aber ab 1905 auch von regelmäßigen Honoraren der „Wiener Allgemeine Zeitung“, für die er literarische Texte, Essays, Varieté- und Cabaretkritiken verfasst. Zudem war er regelmäßiger Mitarbeiter des „Prager Tagblatts“, der Berliner „Schaubühne“, des Münchner „Simplicissimus“ und der „Fackel“ von Karl Kraus. Kraus setzte sich auch entschieden für Altenberg ein. Er hielt auch die Grabrede für Altenberg, der in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof bestattet ist.
Quellen:
Heinz Lunzer/Victoria Lunzer-Talos, Peter Altenberg. Extracte des Lebens. Einem Schriftsteller auf der Spur. Residenz, Salzburg 2003.
Hans Christian Kosler (Hg.), Peter Altenberg. Leben und Werk in Texten und Bildern. Insel TB, Frankfurt/Main-Leipzig 1997.
Werner J. Schweiger (Hg.), Das große Peter Altenberg Buch. Zsolnay, Wien 1977.
eigene Recherchen [Medienberichte]
Autor/innen:
Iris Fink
Letzte inhaltliche Änderung:
06.12.2003