Foto: Slg. Österreichisches Kabarettarchiv
Rudolf Weys
* 30. September 1898 in Graz, † 27. Februar 1978 in Wien
Kabarett-Autor und-Leiter, Librettist, Schriftsteller, Journalist
Rudolf Weys wurde am 30. September 1898 in Graz geboren. In seiner Kindheit wechselten die Wohnorte der Familie oftmals nach den Städten, in denen die Eltern, die Mutter war Schauspielerin und der Vater Kapellmeister, gerade engagiert waren. Nachdem diese sich trennten, lebte er mit seiner Mutter, die 1912 an einer Blutvergiftung starb, wieder in Graz.
Er absolvierte das Realgymnasium und maturierte während des Krieges 1917. Sein Großvater begeisterte ihn für das Militär und Weys kämpft ab seiner Volljährigkeit im Ersten Weltkrieg – aufgrund der Staatsbürgerschaft seines Vaters – für das Deutsche Kaiserreich. Nach dem Krieg nahm er in einem Studentenbataillon am sogenannten „Kärntner Abwehrkampf“ gegen den jugoslawischen SHS-Staat teil.
Danach wandte er sich vom Militär ab und studierte Rechtswissenschaften (Abschluss 1922), nebenbei war er als Sekretär einer Künstlervereinigung und als Kanzleibeamter in der steiermärkischen Landesregierung tätig. 1923 zog Weys nach Wien – aufgrund finanzieller Probleme und mangelnder Möglichkeiten, als Beamter zu arbeiten, wechselte er beruflich in den Buchhandel.
1927 lernte Weys Gerda Waschinsky kennen. Die beiden heirateten 1933, Sohn Rudolf wurde 1938 geboren.
Weys schrieb schon während seiner Zeit als Buchhändler satirische Texte und fand Anschluss an die literarisch-politische Kabarettszene in Wien. Im Herbst 1933 gründete er zusammen mit Friedrich Vas Stein die Kleinkunstbühne „Literatur am Naschmarkt“. Im Keller des Café Dobner in der Linken Wienzeile fand man einen Ort für die Aufführungen. Weys wirkte an der Konzeption der Programme mit, war einer der Hausautoren und Obmann des „Bundes junger Autoren Österreichs“, dem Verein, der rechtlich die Bühne führte. Bekannt war Weys vor allem für die von ihm geprägten „Mittelstücke“, beispielsweise „Die Metamorphosen des Herrn Knöllerl“ (1933), A. E. I. O. U. oder Wenn Österreich den Krieg gewonnen hätte“ (1934) oder „Pratermärchen“ (1936).
Auch seine Frau Gerda wirkte als fixes Ensemblemitglied bei der „Literatur am Naschmarkt“ mit, die Liste der Darstellerinnen und Darsteller umfasste u.a. Hugo Gottschlich, Harald Peter Gutherz, Heidemarie Hatheyer, Wilhelm Hufnagl, Liesl Kienast, Hilde Krahl, Carl Merz, Rudolf Steinboeck und Oscar Wegrostek. Neben Weys schrieben beispielsweise Peter Hammerschlag, Lothar Metzl, Rudolf Spitz, Jura Soyfer, Friedrich Torberg oder Hans Weigel.
Die Blütezeit der „Literatur am Naschmarkt“ endete mit dem „Anschluss“ Österreichs an das „Deutsche Reich“ im März 1938, welcher gleichbedeutend mit dem Ende der klar anti-nationalsozialistisch und prö-österreichisch ausgerichteten Institution war.
Für Rudolf Weys und insbesondere für seine für die Nationalsozialisten als jüdisch gesehene (sie war 1937 zum römisch-katholischen Glauben konvertiert) Frau sowie den Sohn begann nun eine schwierige Zeit. Ab Jänner 1939 konnte Weys als Hausautor in der von NSDAP-„Parteianwärter“ Adolf Müller-Reitzner geleiteten Kleinkunstbühne „Wiener Werkel“ schreiben, welche als eine der wenigen Unterhaltungsstätten solcher Art mit Erlaubnis des nationalsozialistischen Regimes firmierte. Als Autoren und Schauspieler fungierten dabei großteils die als „arisch“ geltenden Mitglieder der vormaligen „Literatur am Naschmarkt“. Unter Synonymen schrieben allerdings auch jüdische Autoren Texte. Mit subtilen Formen der Kritik wurde die Zensur der nationalsozialistischen Beamten versucht zu umgehen. Für Weys war die Arbeit beim „Werkel“ die Existenzgrundlage, um seine Familie versorgen zu können. Daneben schrieb er literarische Texte und Libretti. Dem Kriegsdienst konnte Weys sich als „unabkömmlicher Künstler“ entziehen, allerdings musste er Texte für Wehrmachts-Spielgruppen schreiben. In dieser Tätigkeit wurde ihm von einem Nazi-Offizier einmal „politische Tendenz“ vorgeworfen.
Nach Kriegsende 1945 wird das „Wiener Werkel“ in „Literatur im Moulin Rouge“ umbenannt und von Weys geführt, allerdings nur für wenige Monate bis zur endgültigen Schließung im Jänner 1946. Später schreibt er noch für das „Kleine Brettl“ von Rolf Olsen.
In der Folge legt er seinen Fokus allerdings zunehmend auf journalistische Arbeiten als Theater- und Filmkritiker für Zeitungen und auch für den Hörfunk. So wirkt er Ende der 1940er Jahre bei der Sendereihe „Parkett und Galerie“ mit und moderiert deren Nachfolgesendung „Parkett und Glorie“; ab 1950 ist er für zwanzig Jahre Sendeleiter von „Vorhang auf“.
1968 bekommt Weys die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Silber und ist in der „Wiener Dramaturgie“ für den Bereich der Kleinkunstbühnen tätig. Seine drei Bücher „Literatur am Naschmarkt. Kulturgeschichte der Wiener Kleinkunst“ (1947), „Cabaret und Kabarett in Wien“ (1970) und „Wien bleibt Wien und das geschieht ihm ganz recht“ (1974) legen Zeugnis über seine Leidenschaft und seine Verdienste zur Wiener Kabarettszene, die er als Autor, aber auch als Netzwerker prägte.
Rudolf Weys starb am 27. Februar 1978 in Wien. Mit Gerda Waschinsky-Weys war er bis zu seinem Lebensende verheiratet. Er hinterließ eine 895-seitige unveröffentlichte Autobiografie sowie ein umfangreiches Archiv, das in der Wienbibliothek im Rathaus zugänglich ist.
Quellen
Nachlass Rudolf Weys, Wienbibliothek im Rathaus, Handschriftenabteilung, ZPH 1011, 1020 [da v.a. unveröffentlichte Autobiographie, Typoskript, Archivbox 24 u. 25]
Gailberger, Stefan: „Aber wir verfeinden uns mit allem, was in Wien Rang und Namen hat“. Zeitkritik bei Rudolf Weys zwischen 1933 und 1938. Diplomarbeit, Graz 2019.
Trdy, Katharina Erika: „Ein Brettl muss mir die Welt bedeuten…“ Die Wiener Kleinkunstbühne ‚Literatur am Naschmarkt‘ und ihre Protagonisten Rudolf Weys und Friedrich Vas Stein. Eine Spurensuche in die Vergangenheit. Diplomarbeit, Wien 2006.
Loibl, Daniela: Kabarett seiner Zeit. (Liter)arische Kleinkunst im „Wiener Werkel“ von 1939–1944. Diplomarbeit, Wien 2003.
Harten, Uwe: Weys, Rudolf Albret Ernst, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits, online im Internet: https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_W/Weys_Rudolf.xml [abgerufen am 15.02.2023].
Wien Geschichte Wiki: Rudolf Weys, online im Internet: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Rudolf_Weys [abgerufen am 15.02.2023].
Sparr, Ulrike: Melanie Peters (geborene Waschinsky) *1900, online im Internet: https://www.stolpersteine-hamburg.de/index.php?MAIN_ID=7&BIO_ID=1940&VIEW=PRINT [abgerufen am 15.02.2023].
Autor/innen:
Thomas Stoppacher
Letzte inhaltliche Änderung:
12.07.2023